Russland startet Pilotprojekt zur Kennzeichnung von Bier

Bonn – Das Ministerium für Industrie und Handel plant, im Frühjahr 2021 mit einem Pilotprojekt zur digitalen Kennzeichnung von Bier und Biermischgetränken zu beginnen.

Von Edda Wolf | Bonn

Projektgruppe in Gründung
Gefälschte und illegale Ware soll vom Markt verdrängt werden
Brauereien lehnen Kennzeichnung ab

Industrieminister Denis Manturov beabsichtigt, das Projekt der obligatorischen Kennzeichnung und Rückverfolgung von Waren durch die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für alkoholische Getränke zu erweitern. Dies erklärte Denis Manturov bei einer Besprechung von Präsident Wladimir Putin mit Regierungsmitgliedern am 9. September 2020.

Anfang 2020 hat das Ministerium für Industrie und Handel einen Resolutionsentwurf ausgearbeitet, der ein Pilotprojekt zur Kennzeichnung alkoholischer Getränke unter Verwendung von Radiofrequenz-Tags (RFID-Tags) vorsieht. Im Frühjahr 2021 soll das Pilotprojekt mit der digitalen Kennzeichnung von Bier beginnen. Verläuft der Versuch erfolgreich, soll die Kennzeichnung auf Spirituosen ausgedehnt werden.
Projektgruppe in Gründung

Zur Durchführung des Pilotprojektes wird eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Betreibers des „Chestny Znak“-Systems, CRPT, gebildet. Projektparameter, technische Merkmale und Zeitpunkt werden mit Vertretern der Industrie, Aufsichtsbehörden, Einzelhändlern, dem Betreiber sowie anderen interessierten Organisationen besprochen. Ziel ist es, Geschäftsprozesse zu testen und die optimalen Lösungen für Hersteller und andere Teilnehmer der Vertriebskette zu entwickeln.

Um der Arbeitsgruppe beizutreten und am Pilotprojekt teilzunehmen, muss ein Einverständnisschreiben auf offiziellem Unternehmensbriefpapier, in dem die für die Kennzeichnung verantwortliche Person und ihre Kontaktinformationen angegeben sind, an den Leiter der Produktgruppe Bier und Biergetränke Nikolay Gladkov gesendet werden.
Gefälschte und illegale Ware soll vom Markt verdrängt werden

„Ich denke, dass das Pilotprojekt unter Berücksichtigung der Zeit für die Vorbereitung und den Entscheidungsprozess im Frühjahr gestartet werden kann“, sagte Minister Manturov. „Wir halten es für wichtig, mit der Kennzeichnung im Alkoholsegment zu beginnen, um die Verbraucher zu schützen. Dies ist wichtig, da dieser Bereich besonders anfällig für illegale Ware und Fälschungen ist.“

Im Jahr 2019 wurden in Russland 7 Milliarden Liter Bier und 850 Millionen Liter Biergetränke produziert. Nach Angaben des Zentrums für Forschung zu föderalen und regionalen Alkoholmärkten (ZIFRRA) belief sich der russische Biermarkt 2019 auf 650 Milliarden Rubel, der Markt für Biermischgetränke auf etwa 75 Milliarden Rubel. Das Volumen des illegalen Biermarktes in Russland liegt zwischen 5 und 12 Prozent, schätzt das Ministerium. Dadurch verliere der Staatshaushalt jährlich Einnahmen von 22 Milliarden Rubel. Durch die Bierkennzeichnung werde der Gewinn der legalen Produzenten um 2,5 Milliarden bis 3 Milliarden Rubel steigen.
Brauereien lehnen Kennzeichnung ab

Die großen Brauereien in Russland lehnen die Einführung der Bierkennzeichnung ab. Nach Meinung von AB InBev Efes (Anheuser-Busch InBev), Baltika (Carlsberg-Gruppe) und Heineken gibt es auf dem Biermarkt praktisch kein Problem mit Produktfälschungen. Sie nennen die Maßnahme eine neue Verbrauchsteuer und verweisen auf das bestehende Steuersystem EGAIS, mithilfe dessen Biergetränke vollständig von der Brauerei bis zum Geschäft zurückverfolgt werden können. Zudem müssten für die Kennzeichnung Investitionen in Ausrüstung und Personal getätigt sowie das Arbeitstempo der Abfülllinien gedrosselt werden, was die Produktionskosten und den Preis im Regal erhöhe.

„Die Kosten für die Installation von Geräten zur Kennzeichnung an einer Produktionslinie betragen etwa 1 Million US-Dollar und in einem großen Werk gibt es mindestens zehn solcher Linien. Angesichts der Tatsache, dass das Braugeschäft margenschwach ist, sind dies erhebliche Kosten“, betonte Oraz Durdyev, Direktor für Recht und Unternehmensbeziehungen von AB InBev Efes, gegenüber RBC.ru. „Die Einführung der Kennzeichnung wird unweigerlich zu einem Preisanstieg im Regal führen und zur zweiten Verbrauchsteuer für die Branche werden“, so Durdyev.

Quelle: Germany Trade & Invest